von Peter Laukhard, siehe auch www.grazerbe.at
Im Privilegienbuch der Stadt Graz ist aus vom 8. August 1461 ein Befehl Kaiser Friedrichs III. vermerkt, betreffend die Verlegung „des Richt Creiz, zu dem Stainen Creiz außer St. Andree, welches hie uor Enthalb der Pruggen auf dem Anger abwerths bey der Můhr gewessen, Und die Malefiz Personen köpft vnd brent worden“.
Wir müssen die genannte Stelle der alten Richtstatt zwischen der – wegen eines hier verlaufenden Flussarms damals erst auf der Westseite verbauten – Griesgasse und der Mur suchen, vielleicht beim heutigen Nikolaiplatz.
Die Ortsangabe von 1461 widerspricht der Meinung mancher Historiker, dass die erste Hinrichtungsstätte bei der späteren Barmherzigenkirche zu suchen sei. Schon der Chronist Johann Christian Andreas Fyrtag wusste 1753 von der Überlieferung zu berichten, dass auf dem Platze des Klosters „die bösen Buben gezüchtiget worden, wo Von der brunn der lother brunen geheißen, wo nun Mehr die Kirche stehet, war selbigerzeit eine allgemeine Richtstatt gewesen“. Diese Hinweise auf die Klostergründung von 1615 stammten aus der Beschreibung des Priors Bernardus Fyrdram, der den Grazer Konvent der Barmherzigen Brüder von 1631 bis 1642 leitete.
Abbildung 1
Trotz dieser und anderer Hinweise lässt sich vorerst nicht eindeutig klären, ob es neben den 1461 genannten Richtstätten an der Mur und in der Friedhofgasse eine weitere im Bereich des Barmherzigen-Kloster gegeben hat.
Zurück zum Jahr 1461: Das zum Richtkreuz gewordene steinerne Kreuz ist auf der sogenannten Weintaz-karte von ca. 1750 noch am Schnittpunkt der heutigen Friedhofgasse und Steinfeldgasse.
Abbildung 2
Auf der Weintaz-Karte ist auch ein dreischenkeliger Galgen zu sehen, der an der Stelle des heutigen Betonkreuzes am Kriegerfriedhof des Zentralfriedhofs gestanden sein muss. Da man schon 1617 von einem Gut „beim alten Gerichtskreuz“ spricht und der neue Richtplatz an der Alten Poststraße 1621 in der Burgfriedbeschreibung erwähnt ist, scheint das Hochgericht spätestens zu Beginn des 17. Jahrhunderts – vielleicht nach der Errichtung des Edelsitzes „Prankerhof“ 1590 – weiter stadtauswärts zur „Landt Strassen“ gerückt zu sein, wozu an dieser Stelle der Burgfried der Stadt, also die Grenze der Gerichtsbarkeit, hinausgeschoben wurde; das bewirkte das noch heute bestehende Ausweichen der Alten Poststraße, früher auch „Mitterstraße“ genannt, nach Westen. In der Ried-Karte des Franziszeischen Katasters von 1829, Blatt IX (kolorierte Federzeichnung von Joseph Makusch) ist dazu folgendes zu erkennen: Die Alte Poststraße heißt hier „Galgenstraße“; zwischen Alte Poststraße, Kapellenstraße und Feldgasse liegen die „Galgenfelder“.
Das Galgenkreuz
Abbildung 3
An der Kapellenstraße steht knapp vor der Bahnunterführung rechter Hand noch heute das „Galgenkreuz“, das entweder von der Richtstatt hierher versetzt wurde oder vielleicht auch nur den Weg zum Hochgericht kenn-zeichnete; es scheint sich aber um eine Kopie zu handeln (hier eine alte Aufnahme aus der Sammlung Kubinzky). Die Gegend der Stadtrandsiedlung nördlich der Kapellenstraße wurde vermutlich deshalb noch um 1930 „Galgenviertel“ genannt.
Das Hochgericht auf der Leinwandbleiche
Unter Kaiser Josef II. wurde die Todesstrafe vor-übergehend abgeschafft, dennoch kaufte 1826 der Magistrat einen Grund außerhalb der Stadt am west-lichen Murufer südlich der Leinwandbleiche, und richtete dort den „Hochgerichts-Platz“ ein, weshalb man die Gegend auch die „Rabenlend“ nannte.
Abbildung 4
Auf der Riedkarte zum Franziszeischen Kataster von 1829 ist – bei entsprechender Vergrößerung – sogar der dreischenkelige Galgen zu sehen (Abbildung 4: Hochgerichts-Platz in der Lagergasse um 1829). Die Stelle liegt südöstlich der heutigen Kreuzung Lagergasse-Großmarkstraße und wird durch einen hier stehenden Kastanienbaum ungefähr bezeichnet. Im Jahr 1912 beschäftigte sich die Tagespost in Beiträgen mit dem Hochgericht. Ein Leser berichtete von den Eindrücken, die er als junger Gendarm erfahren hatte, als ein italienischer Mörder 1859 oder 1860 auf der Leinwandbleiche gehenkt wurde.
Später erfolgten Hinrichtungen in dem auf dem Schloßberg gelegenen Gefängnishofe des Kriminals im dritten Sack, das von 1826 bis 1897 gegenüber dem Haus Kaiser-Franz-Josef-Kai 60 auf den Grundmauern einer Bastei des 17. Jhdts. gestanden hatte. Heute toben hier junge Grazer im städtischen Kindergarten. Scharfrichter waren aber im Lauf der Geschichte auch im Rathaus, am Hauptplatz und Schloßberg am Werk.